Programm

Berühren steckt an. Körperkontakte und sensuelle Eindrücke lösen Übertragungsprozesse und Resonanzen aus – von Elektrisierung bis hin zu Ekel. Berühren ist sinnesphysiologisch eng mit dem Tastsinn verbunden, betrifft aber auch den gesamten Körper, dessen sensuelles und affektives Repertoire in aktiver und passiver Form, sowie die Welt der Dinge. Literatur und ihr nahestehende Medien reflektieren Formen des Berührens und bringen sie auch selbst hervor. Berühren zeigt sich dabei als polymorph und vieldeutig und ruft produktions- und wirkungsästhetische Fragen gleichermaßen auf.

 

In der Auseinandersetzung mit aktueller Forschung zu Taktilität, Affektion und Materialität zielt das Netzwerk darauf, Denkfiguren und Praktiken des Berührens neu zu konturieren und Berühren als eine zentrale Analysekategorie literatur-, medien- und kulturwissenschaftlicher Forschung zu etablieren. Drei ineinandergreifende Felder strukturieren das Arbeitsprogramm: 1) Aus historischer und gattungsästhetischer Perspektive wird untersucht, wie Literatur, Theater und andere Kunstformen unterschiedliche Nähe- und Distanzverhältnisse reflektieren und mitorganisieren. Dabei gerät u. a. die Funktion in den Blick, die dem Berühren und seiner Vermeidung in Imaginationen des Politischen und Sozialen zukommt. 2) Systematisch fragt das Netzwerk nach der Rolle, die Figuren des Berührens für Formen nichtbegrifflichen Denkens spielen. 3) Im Kontext mediengeschichtlicher und epistemologischer Umbruchsituationen werden mediale Konstellationen des Berührens untersucht, etwa Handhabungen von Papier, das Verhältnis von Taktilität und Digitalität, aber auch die Theatralität und Performanz des Berührens.

 

Methodisch sind für das Netzwerk ein weiter Literaturbegriff und eine kulturwissenschaftliche Herangehensweise grundlegend, die Literatur im Austauschverhältnis mit anderen kulturellen Praktiken und Medien sieht. Die beteiligten Disziplinen sind Deutsche Philologie, Englische Philologie, Komparatistik, Medienwissenschaften, Philosophie, Romanische Philologie, Slavische Philologie und Soziologie; eine Öffnung erfolgt außerdem zu den Theater- und Tanzwissenschaften. Die Fragestellungen werden in einzelnen Teilprojekten, gemeinsamen Workshops und öffentlichen Tagungen verfolgt.

Antragstellung und Konzeption

Andrea Erwig (Universität Greifswald)
Sandra Fluhrer (FAU Erlangen-Nürnberg)

Laufzeit: 2017–2019